Von: Freuler Regula [mailto:regula.freuler@nzz.ch]
Gesendet: Dienstag, 19. März 2019 10:41
An: Urs Rüesch
Betreff: AW:

 

Sehr geehrter Herr Rüesch

 

Wissenschaft ist immer vom zeitgenössischen Weltbild beeinflusst, manchmal mehr, manchmal weniger. In der Mathematik weniger, in der Soziologie und Psychologie mehr.

 

Wissenschaftler wählen Forschungsgebiete aus, sie stellen Thesen auf – alles auf der Grundlage dessen, was sie gegenwärtig wissen. Extrembeispiele dafür, wie wenig «neutral» Wissenschaft bisweilen sein kann, sind Forschungen im Nationalsozialismus oder in der frühen Ethnologie.

 

Im Fall der Psychosomatik war es so, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die Rollenzuteilung wieder sehr strikt gedacht wurde, nachdem die Frauen während des Krieges zwar viele «Männerarbeit» übernommen hatten, nun aber wieder zurück in den häuslichen Bereich sollten, um Platz für die Heimkehrer zu schaffen.

 

Hier ein Ausschnitt aus dem Buch von Hitzer und Geisthövel (S. 265f.)

 

 

Der Disput um die Bedeutung von Frauen- und Mutterbildern

für die Genese von Krebs beeinflusste wie bereits angedeutet das

Forschungsdesign vieler Studien, und das keineswegs nur in der

Bundesrepublik, sondern früher und umfassender bereits in den

USA.14 Dass immer wieder Frauen mit Brust- oder Gebärmutterhalskrebs

zum Studienobjekt wurden, lässt sich nicht allein mit der

Tatsache erklären, dass dies die damals häufigsten Krebserkrankungen

von Frauen waren.15 Wäre diese Erklärung hinreichend, so hätten

ebenso viele Studien Männern mit Magen- oder Lungenkrebs

gewidmet werden müssen. Insofern erscheint es plausibel, dass

hier auch die Angemessenheit neuer Frauenrollen zur Disposition

stand.

 

14 Jasen, »Malignant Histories«.

15 Tarlau/Smalheiser, »Personality Patterns«.

 

 

Falls Sie sich weiter mit dem Thema befassen möchten, empfehle ich Ihnen die Lektüre des Buches.

 

Mit freundlichen Grüssen

Regula Freuler

 

 

Von: Urs Rüesch <bapsursrueesch@bluewin.ch>
Gesendet: Sonntag, 10. März 2019 18:21
An: Freuler Regula <regula.freuler@nzz.ch>
Betreff:

 

Sehr geehrte Frau Freuler

 

Ihren neuesten Beitrag „Psychosomatik: Wenn Körper und Seele krank sind“ habe ich wieder mit grossem Interesse gelesen. Vielen Dank.

 

Könnten Sie noch ausführen, wie es möglich ist, dass bei der Psychosomatik, wobei es sich um einen Fachbereich der Medizin, also um Wissenschaft handelt, ein patriarchalisches Weltbild anzutreffen ist?

 

Hat es damit zu tun, dass die beurteilenden Subjekte vor allem Männer sind und dass sich so unbewusst männliche Voreigenommenheiten in das Intersubjektive eingeschleust haben, wie das atheistisch Weltbild der Wissenschaft auch durch vornehmlich atheistische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen herbeigeführt worden  sein mag?

 

Für ein kurzes Feedback danke ich Ihnen zum Voraus bestens.

 

Berufsverband authentisch praktizierender Schamanen BAPS
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